Wissen Sie, …?

Zum Thema „Schule“ haben ja fast alle etwas zu sagen,  mindestens jedenfalls seit es die allgemeine Schulpflicht gibt.
Aber an dieser Stelle führen wir Ihnen neben Wissenswertem auch Ungewöhnliches, Absurdes und aus heutiger Sicht Unerhörtes vor Augen – bitte sehr,  hier ist die Frage:

Wisen Sie, seit wann es die Mittelschule (Realschule) gibt?

Wisen Sie, seit wann es die Mittelschule (Realschule) gibt?

Die Mittelschule wurde 1910 als dritte Säule im deutschen Schulsystem etabliert.

Wissen Sie, wie viel Prozent des 4. Jahrgangs vor knapp 65 Jahren aufs Gymnasium oder die Realschule wechselten?

Im Jahre 1959 wechselten nur 5% eines Jahrgangs von der Volksschule zum Gymnasium und 15% zur Mittelschule (heute: Realschule).

Wissen Sie, wie lange die damals so genannte „Volksschule“ besucht werden musste?

Der Besuch der Volksschule dauerte früher nur acht Jahre; zu den Osterferien war Entlassung. Danach war man „aus der Schule“ und konnte eine Lehre beginnen. In protestantischen Gegenden fiel die Zeit der Schulentlassung in etwa mit der Konfirmation zusammen, so dass „konfirmiert“ gleichbedeutend war mit „aus der Schule“, also nicht mehr schulplichtig.

Erst 1960 wurde das 9. Schuljahr eingeführt.

Im Jahre 1834 wurde verbindlich festgelegt, dass nur nach dem Besuch eines Gymnasiums mit Latein und Griechisch das Abitur abgelegt werden kann.

Wie reagierten die alliierten Militärbehörden auf die schlechte Ernährung der Kinder im besetzten Deutschland?

Ab Januar 1946 bis 1950 gab es eine von den Alliierten angeordnete Schulspeisung.

Von 1880 bis 1957 gab es ein Lehrerinnenzölibat (!).

Die korrekte Anredeform für eine Lehrerin war „Fräulein“, es folgte der Nachname.
Heiratete eine Lehrerin, so musste sie ihren Beruf aufgeben.

Wissen Sie,   seit wann auch der Besuch höherer Schulen schulgeldfrei ist?

Seit dem Schuljahr 1958/59 in der Bundesrepublik ist der Besuch des Gymnasiums schulgeldfrei, in der DDR 1957 der Besuch der Oberschule.

… warum Schülerinnen und Schüler in früheren Jahrhunderten manchmal in der Schule eine Eselskappe tragen mussten?

Wenn Schüler vom Lehrer für einfältig gehalten wurden, so wurden sie vor der ganzen Klasse bloßgestellt zum Zwecke der Demütigung: Sie mussten eine Kappe in der Form eines Eselskopfes tragen.

Lesen Sie auch diesen Beitrag.

Wissen Sie, dass im Jahre 1959 nur 5% eines Jahrgangs von der Volksschule zum Gymnasium und 15% zur Mittelschule (heute: Realschule) wechselt

Wissen Sie, was „Scheitelknien“ bedeutet?

Zur Strafe musste ein Kind vor der Klasse auf einem Holzscheit knien, sehr schmerzhaft, wie man sich vorstellen kann.
Die Dauer dieser grausamen Bestrafung lag im Belieben des Lehrers.

Wissen Sie, was Kurzschuljahre bedeutet haben?

Zum Sommer 1967 wurden die Versetzungstermine auf den 1. August eines jeden Jahres umgestellt – u.a. auch weil das Ausbildungsjahr für „Lehrlinge“, wie man damals sagte, am 1. August begann.
Bis dahin hatte es die Versetzungszeugnisse immer zu den Osterferien gegeben und die Halbjahreszeugnisse zu den Herbstferien. In alten Zeugnissen ist noch vermerkt „Ostern“ oder „Michaelis“ (29. September, also Herbst).

Um diese Umstellung zu bewerkstelligen, wurde deshalb 1966/67 in zwei Kurzschuljahren unterrichtet. Zu Ostern 1966 verließ der letzte Jahrgang, der noch nach dem alten Terminplan unterrichtet worden war, die Schule.
Am 1. Dezember 1966 endete das erste Kurzschuljahr; das zweite ging dann bis zu den Sommerferien 1967. Damit war die Umstellung abgeschlossen.

Wussten Sie, dass nach einem Erlass von 1872 nicht mehr als 80 Schüler/innen in einer Klasse unterrichtet werden sollten?

In vielen Klassen- oder Schulräumen befand sich ein Kanonenofen, damit es winters nicht gar zu kalt wurde.
Früher, besonders aber auch nach dem Zweiten Weltkrieg mussten die Kinder ein Stück Brikett, mindestens aber einen Holzscheit mit zur Schule bringen – die Gemeinde als Schulträgerin hätte sonst nicht heizen können.

Kanonenofen aus einer Schule. Die Gewichte oben gehören zu einem anderen Exponat. (Foto: OSM)

Wie es dabei auch zugehen konnte konnte, zeigt eine Karikatur aus der Zeitung des Abiturjahrgangs 1911, Königliches Reformrealgymnasium mit Realschule, Lotter Str. 6 (später EMA):

In der Bundesrepublik Deutschland wurde das Schulgeld für den Besuch eines Gymnasiums in den meisten Bundesländern zum Schlujahr 1958/59 abgeschafft, in der DDR für den Besuch einer Oberschule 1957.

Wir verweisen an dieser Stelle auf den Eintrag „Rechenschieber“ auf dem Internetauftritt von „Spektrum der Wissenschaft“ (bitte hier klicken oder in das Bild unten).

Foto: OSM

Deutsche Länder waren weltweit Vorreiter der allgemeinen Schulpflicht. Bereits im Zuge von Luthers Reformation wurde die Errichtung von Schulen gefordert, 1559 hatte Württemberg in der großen Kirchenordnung eine Schulpflicht für Jungen festgelegt. Das Herzogtum Pfalz-Zweibrücken führte 1592 als erstes Hoheitsgebiet der Welt die Schulpflicht für Jungen und Mädchen ein. Im 17. Jahrhundert kamen weitere Städte und Gebiete, vor allem in Thüringen, hinzu.

Im Jahre 1717 erließ der preußische König Friedrich Wilhelm I. ein Generaledikt zur allgemeinen Schulpflicht. Es galt für Kinder zwischen 5 und 12 Jahren. Der Monarch hatte Schulbildung als wichtige Wirtschaftsressource erkannt. Der auch „Soldatenkönig“ genannte König orientierte seine Politik an den Erfordernissen der Armee. In besser ausgebildeten Soldaten sah er Vorteile für sein Heer. Außerdem mache die Schule „gute Christen und daraus werden gute Untertanen“.

Eltern sollten ihre Kinder im Winter täglich und im Sommer wenigstens ein- oder zweimal die Woche zur Schule schicken.

In England wurde der Schulbesuch erst 1880 Pflicht, in Frankreich im Jahre 1882, und zwar hier deshalb, weil man die Niederlage 1870/71 auf die bessere Schulbildung der Deutschen zurückführte.

Doch selbst nach Einführung durch Friedrich Wilhelm I. bestand die Regelung nur im Sinne einer Unterrichtspflicht, die auch im häuslichen Kontext umgesetzt werden konnte, denn in vielen Gegenden gab es überhaupt keine Schulen.

In der Landbevölkerung (90% der Menschen wohnten im 18. Jahrhundert auf dem Land) regte sich erheblicher Widerstand gegen die Schulpflicht, da die Kinder auf dem Lande dringend als Arbeitskräfte benötigt wurden.

Da der König viel Geld für den Ausbau seines Heeres benötigte, sollte der Schulbetrieb möglichst nichts kosten. So mussten die Lehrer neben dem Unterricht selbst für ihren Unterhalt sorgen.

Zum Schuldienst wurden vorzugsweise Handwerker, Tagelöhner und ehemalige Soldaten verpflichtet. Das heißt, die Ausbildung der Pädagogen war schlecht.

Häufig war der Küster auch der Schulmeister und die Schulaufsicht führte der Pfarrer.

Die allgemeine achtjährige Schulpflicht wurde 1919 in der Weimarer Republik eingeführt.

Früher hatten Schulkinder oftmals keine Schultaschen oder Ranzen oder Rucksäcke, sondern hölzerne Kästen, eckig und mit Schiebedeckel und Verschluss. Orthopädische Gesichtspunkte spielten keine Rolle, denn Holz war einfach verfügbar, und Leder war in der Herstellung aufwendig und sehr teuer.
Manche Kästen hatten einen hölzernen Tragegriff, andere einen aus Leder – wie bei unserem Ausstellungsstück, nur dass der Lederriemen leider gerissen und verloren ist.

Und wer viele Bücher hatte oder besonders gute Arbeiten schrieb, die auf dem Kasten ablegte, der „hatte was auf dem Kasten“.

Das Original befindet sich im Osnabrücker Schulmuseum – schauen Sie’s sich an.

Hier hat jemand „was auf dem Kasten“.

 

Fotos: OSM

Die Tradition, den Schulanfang der Kinder mit Gebäck und Früchten zu versüßen, kann bis in die Antike zurückverfolgt werden: „Es geben die Lehrer den Knaben süßes Gebäck, damit sie Lust bekommen, die ersten Lektionen zu lernen“ (Horaz, Satiren I, 26/27).

Im Mittelalter erhielten Kinder zur Einschulung Brezeln, Feigen, Rosinen und Mandeln.

Der Brauch, Schulanfängern Süßigkeiten in einer Schultüte zu überreichen, entstand Anfang des 19. Jahrhunderts in Thüringen und Sachsen und verbreitete sich im ganzen deutschsprachigen Raum. Der bislang früheste Hinweis stammt aus der Biographie des Pastorensohnes Karl Gottlieb Bretschneider, der 1781 in Gersdorf bei Hohenstein-Ernstthal in Sachsen eingeschult wurde. Er schrieb, dass er eine Zuckertüte vom Schulmeister erhielt.

1801 hieß es von Johann Daniel Elster aus dem thüringischen Benshausen, dass er „nach altem Brauch“ zur Einschulung eine große Zuckertüte geschenkt bekam.

Auf die Frage der Kinder nach der Herkunft der Zuckertüten wurde ihnen erzählt, dass diese auf Zuckertütenbäumen wüchsen. Diese befänden sich meist im Haus des Lehrers.

Daraus entwickelte sich der Brauch, am ersten Schultag Zuckertütenbäume auf dem Schulhof oder im Klassenraum aufzustellen und mit Zuckertüten für die ABC-Schützen zu behängen.

Die Schülermütze war von den 1870er Jahren bis in die 1930er Jahre eine Kopfbedeckung fürSchüler und teilweise auch für Schülerinnen weiterführender Schulen wie Gymnasien, Oberrealschulen und Realschulen sowie von Mädchenpensionaten. Die Mützen sollten

Schüler nach Klassenstufen und Schulen differenzieren, wobei es starke regionale und lokaleUnterschiede gab.

Die Mützenfarbe war in der Regel von der Klassenstufe abhängig. Mit jeder Versetzung bekam der Schüler eine andere Mützenfarbe. Es gab allerdings auch die Regelung, dass die Mütze einer Oberklasse (Obersekunda, Oberprima) sich nur durch eine silberne Litze von der Mütze der entsprechenden Unterklasse (Untersekunda, Unterprima) unterschied.

Die Schulen wurden durch den um dem Kopf laufenden Farbstreifen unterschieden. Sokonnte ein Gymnasium seine Schüler z.B. durch einen Streifen in den Burschenschaftsfarben Schwarz-Rot-Gold kenntlich machen.

Die Frage, ob auch Mädchen Schülermützen tragen sollten, war äußerst umstritten. lm Jahr 1912 stellten die Schülerinnen der Höheren Töchterschule Bayreuth den Antrag, ebenfalls Schülermützen tragen zu dürfen.

Erst als der Kaiser und seine Gemahlin bei einem Besuch eines Mädchengymnasiums die dortigen Mützen lobten, verstummte die Kritik.

Die Schülermützen wurden zu Beginn eines neuen Schuljahres beim ortsansässigen Hutmacher gekauft.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 wurden die Schülermützen als ,,Ausgeburt des Klassendünkels“ gebrandmarkt und bald abgeschafft.

Schülermützen  (Foto: H. Bruns/OSM)

Die Mütze im Bild gehörte Hermann Gosling, der 1914 sein Abitur an dem “Königlichen Reformrealgymnasium mit Realschule”, Lotter Str. 6, Osnabrück (heute Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium) und seine Tochter, Frau W. Schlichte, hat sie der Schule geschenkt. Sie ist nun im Bestand des Osnabrücker Schulmuseums.

Die Mütze weist den Besitzer als Oberprimaner aus, also als Angehörigen des Abiturjahrgangs. Wenn Schüler unangenehm auffielen, also z.B. abends in der Stadt oder in der Kneipe gesehen wurden, so konnte das zu Problemen mit dem Herrn Direktor führen (vgl. die Schulordnung von 1867).

Mit dem Begriff „Sütterlinschrift“ verbinden viele Menschen heute die „deutsche Schrift“.
Das ist aus zwei Gründen nicht korrekt:

Zum einen gab es eine Vielzahl unterschiedlicher Schriften und die deutsche Sütterlinschrift war nur eine davon, zum anderen hat Sütterlin nicht nur eine deutsche, sondern auch eine lateinische Schulschrift entworfen.
Sütterlin war ein Kunsterzieher, dessen Arbeit von einem ästhetischen Motiv getragen wurde. Die Sütterlinschrift wurde ab 1915 in Preußen eingeführt. Sie begann in den 1920-iger Jahren die bis dahin übliche Kurrentschrift abzulösen.

Folgende Punkte sind erwähnenswert:

  • Hatten alle anderen Schriftvorlagen eine Rechtsneigung unterschiedlichen Grades, so zeichnet sich die Sütterlinschrift durch ihre völlig senkrechte Stellung aus.
  • Ein weiteres Merkmal liegt an der Anpassung der Größenverhältnisse von Oberlänge, Mittelband und Unterlänge auf die Proportion von 1:1:1.
  • Während es in der deutschen Schrift üblich war, Sitzfedern und Breitkantfedern zu benutzen und im Schwellzug oder Wechselzug zu schreiben, führte Sütterlin die Pfannenfeder ein, die nur einen Gleichzug der Schrift ermöglichte.

Wurde Sütterlin schon 1928 an fast allen Schulen geschrieben, so wurde die Sütterlinschrift 1934 auf Weisung des Reichserziehungsministeriums verbindlich.
Durch einen Erlass von 1941 wurde die deutsche Schrift abgeschafft und zwar sowohl die Druckschrift (Fraktur) als auch die Schreibschrift.
Hitler war der Auffassung, dass die sogenannte gotische Schrift aus „Schwabacher Judenlettern“ aus dem 15. Jahrhundert bestehe und von den Juden eingeführt worden sei. (Dabei durften Juden überhaupt nicht in Druckereien arbeiten, geschweige denn eine solche besitzen. Die strengen Zunftvorschriften behielten das ausschließlich Christen vor.)

Am 1.9.1941 wurde für deutsche Schulen die „Deutsche Normalschrift“ eingeführt, eine lateinische Schrift.

Die Einführung der lateinischen Schrift an deutschen Schulen fand keineswegs aus pädagogischen Gründen statt. Im November 1941 äußerte Hitler sich wie folgt: „Unsere Sprache wird in 100 Jahren die europäische Sprache sein. Die Länder des Ostens, des Nordens wie des Westens werden, um sich verständigen zu können, unsere Sprache lernen. Die Voraussetzung dafür: An die Stelle der gotisch genannten Schrift tritt die Schrift, welche wir bisher die lateinische nannten.“

Ein ganz praktischer Grund für die Einführung der lateinischen Schrift während des Krieges war, dass so die Bekanntmachungen und Befehle der deutschen Besatzungsbehörden überhaupt von den Menschen gelesen werden konnten (jedenfalls sofern in den Ländern nicht mit kyrillischen oder griechischen Buchstaben geschrieben wurde).

Archiv „Wissen Sie …?“

  • dass der Begriff Volksschule um 1800 zum ersten Mal auftaucht?
  • dass die Volksschule früher nur acht Jahre dauerte?
  • dass der preußische König Friedrich Wilhelm I. im Jahre 1717 ein Edikt zur allgemeinen Schulpflicht erließ?
    Zum Thema „Einführung der Schulpflicht“ ist in der Reihe „Zeitzeichen“ im 5. Programm des WDR ein hoch informativer Beitrag erschienen:https://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen/zeitzeichen/zeitzeichen-schulpflicht-preussen-100.html
  • dass Kinder früher bei der Ernte mithelfen mussten und deshalb nicht zur Schule gingen?
  • dass insbesondere auf dem Lande früher alle Schüler/innen der Klassen 1-8 gemeinsam in einem Unterrichtsraum unterrichtet wurden?
  • dass nach einem Erlass von 1872 nicht mehr als 80 Schüler/innen in einer Klasse unterrichtet werden sollten?
  • dass in den Klassenräumen früher in den Schulräumen eine Palästinakarte hängen musste?